Aktuell reisen die Deutschen häufiger als jemals zuvor. Sie investieren Rekordsummen in die Verwirklichung ihrer Urlaubsträume. Die Spuren der Coronakrise sind in der Reisebranche nicht mehr spürbar. Die einzige Ausnahme ist jedoch FTI.
Erst vor wenigen Tagen gab der drittgrößte europäische Reisekonzern seine Insolvenz bekannt. Doch wie konnte es überhaupt soweit kommen?
Inhaltsverzeichnis
Rekordwerte in der deutschen Tourismusbranche
Im Jahr 2023 erzielte die deutsche Tourismusbranche Rekordwerte. Nachdem die Tourismusbranche in der Corona-Pandemie massiv einbrach, erzielten die Reisespezialisten erstmals wieder das gleiche Niveau wie vor der Krise. Für 2024 geht die Branche von einem weiteren Plus aus.
Schon seit längerer Zeit bestätigen Reiseveranstalter und Reisebüros hohe Buchungszahlen.
An einem Unternehmen schien die Entwicklung jedoch vorüberzugehen. Die Rede ist von FTI, dem drittgrößten Reisekonzern Europas.
Wirtschaftliche Krisen durch die Corona-Pandemie
Die meisten Unternehmen aus der Tourismusbranche gerieten während der Corona-Pandemie in eine folgenschwere Krise. Doch um drohende Insolvenzen abzuwenden, unterstützte Deutschland die FTI Group mit einem Wirtschaftsstabilisierungsfonds von über 500 Millionen Euro. Die TUI – der größte Touristikkonzern weltweit – erhielt sogar Staatshilfen im Wert von mehreren Milliarden Euro. Diese Beträge zahlt die TUI inzwischen wieder komplett zurück.
Ähnliche Schritte leitete die Lufthansa ein, die ebenfalls aus mehreren Ländern Kredite und Einlagen des Bundes in Milliardenhöhe erhielt. All diese Beträge zahlte die Lufthansa mittlerweile ebenfalls wieder zurück.
Verzweifelte Suche nach Investoren
Der FTI gelang es allerdings nicht, sich wieder ihrer Corona-Altlasten zu entledigen. Stattdessen rutschte das Unternehmen in den vergangenen Monaten in eine solch tiefe Krise, dass der derzeitige Buchungsboom in der Reisebranche dem berühmt berüchtigten Tropfen auf dem heißen Stein glich.
Verzweifelt suchte die FTI-Group nach neuen Investoren, um mithilfe von neuem Kapital die eigenen Schulden langsam abzubauen.
Zur Rettung war sogar von einer etwaigen Fusion mit DER Touristik die Rede. Zuspruch gab es ebenfalls durch den FTI-Haupteigner, die ägyptische Milliardärsfamilie Sawiris. Doch auch der Haupteigner fühlte sich nicht in der Lage oder war nicht gewillt, die entsprechenden Investitionen zu tätigen.
Kein Verzicht auf Staatshilfen
Die Suche nach neuem Kapital gestaltete sich für die FTI als sehr schwierig. Im Gegenzug wurden erste Veröffentlichungen über mögliche Liquiditätsprobleme der FTI veröffentlicht. Erste Diskussionen über einen Teilerlass der Schulden kamen auf. Allerdings lehnte die Bundesregierung diesen Vorschlag ab.
Dadurch sollte nicht unnötig der Eindruck erweckt werden, dass Investoren wie die Familie Sawiris Geldpräsente erhalten würden. Derartige Kritiken wurden im Laufe der Coronakrise immer wieder laut, wenn einige Konzerne Staatshilfen erhielten, die letztendlich auch Aktionären und Investoren zugute kamen.
Vermeintliche Rettung in Sicht
Berichterstattungen über die vermeintlich hohen Schulden der FTI hielten allerdings viele potenzielle Kunden davon ab, eine Reise bei dem Veranstalter zu buchen. Vermehrt gab es laut der Berichte auch viele Geschäftspartner, die auf eine Zahlung per Vorkasse bestanden.
Doch bevor die FTI schon im April ihr Aus bekanntgeben musste, wurde die Meldung veröffentlicht, dass ein Retter gefunden wurde. Der US-amerikanische Finanzinvestor Certares wollte die FTI mit dem Versprechen übernehmen, die Schulden zu tragen und insgesamt 125 Millionen Dollar in den Konzern zu investieren.
Chaotisches Management
An diese Maßnahme schloss sich laut Informationen der Zeitschrift „Business Insider“ ein chaotisches Management des Reiseexperten an, das eine Rettung der Firma verhinderte. Anfangs überwies Certares eine Summe von 50 Millionen Euro an die FTI, um den Betrieb anfänglich aufrechtzuerhalten.
Doch um die ausstehenden 175 Millionen Euro zu erhalten, musste die FTI eine aussagekräftige Liquiditätsplanung aufstellen.
Diesen Anspruch konnte das Unternehmen jedoch nicht erfüllen. Der FTI gelang es auch nicht, aus der Not heraus andere Geldquellen aufzutreiben. Dem FTI Management gelang es noch nicht einmal, verlässliche Zahlen zu präsentieren. Anschließend sollte der Reiseveranstalter die Einlagen des Deutschen Reiseversicherungsfonds in Höhe von 200 Millionen Euro erhalten. Diese Idee scheiterte jedoch seitens der Bundesregierung.
Insolvenz: Weitere Gesellschaften werden folgen
In den vergangenen Tagen kristallisierte sich deutlich heraus, dass das Unternehmen nicht mehr gerettet werden konnte. Anfang Juni stellte die FTI Touristik Insolvenzantrag. Andere zum Konzern gehörige Gesellschaften sollten in naher Zukunft folgen.